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Klimarisiko kann sich sehr konkret als Extremwetterereignis äußern. Es gibt jedoch auch regulatorische Klimarisiken, auf die wir in diesem Beitrag eingehen wollen.
Inhaltsverzeichnis
Abhängigkeit von fossiler Energie
Anpassungen des eigenen Geschäftsmodells
Denn neben den physischen Klimarisiken müssen sich Unternehmen zunehmend auch mit regulatorischen Klimarisiken auseinandersetzen. Diese nennt man auch transitorische Klimarisiken, weil es um den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft geht. Hierbei spielen Banken eine wichtige Rolle.
Banken finanzieren Investitionen der Unternehmen und den Konsum der privaten Haushalte.
Sie nehmen Kundengelder als Einlagen entgegen und geben diese als Kredite weiter. Durch die von ihnen durchgeführten Prüfungen legen sie Risiken fest und begrenzen diese dadurch innerhalb der Volkswirtschaft. Um die Korrektheit dieser Prozesse und das Vertrauen in die Banken sicherzustellen, werden diese zusätzlich von der Bankenaufsicht überwacht. In Deutschland ist dies die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, zusammen mit der Bundesbank.
Bisher spielen die Risiken des Klimawandels keine Rolle in den Risikoprüfungen der Banken. Die Europäische Zentralbank, die Bank of England, sowie die amerikanische Federal Deposit Insurance Corporation wollen dies ändern. Dazu haben sie in letzter Zeit Klimastresstests durchgeführt, um den Banken in ihrem Risikomanagement auf den Zahn zu fühlen.
Die Banken im Euroraum müssen ihre Anstrengungen zur Messung und Steuerung von Klimarisiken dringend verstärken, die aktuellen Datenlücken schließen und die anerkannten Verfahren anwenden, die es in der Branche bereits gibt.
sagt Andrea Enria, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums der EZB dazu.
In bisherigen Vorschlägen wird beschrieben, wie Banken das Klimarisikomanagement in verschiedene Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit einbeziehen sollten, u. a.
- in die Unternehmensführung (d. h. Vorstand und leitende Angestellte)
- Richtlinien und Verfahren
- strategische Planung und Risikomanagement
- makroökonomische Modelle, Projektionen und Szenarien
Diese Maßnahmen sind für Banken aller Größenordnungen von entscheidender Bedeutung, um proaktive Schritte zur Risikominderung zu unternehmen. Bevor die Auswirkungen der Klimakrise noch gravierender werden.
In unserer Rolle als Bankenaufsicht [EZB]stellen wir sicher, dass die Banken über einen sicheren und umsichtigen Ansatz zur Ermittlung, Bewertung und Steuerung von Klima- und Umweltrisiken verfügen. Außerdem gewährleisten wir, dass sie die Risiken, denen sie ausgesetzt sind, transparent offenlegen.
Ein Domino-Effekt, der von der EZB über die Banken bei den Unternehmen ankommt.
Denn um die eigenen Klimarisiken zu minimieren, werden Banken von ihren Kunden Offenlegungen und Risikomanagement verlangen. Für Unternehmen entstehen dadurch zusätzliche Aufgaben und Pflichten. Hohe Risiken werden sich Banken mit hohen Kreditzinsen bezahlen lassen. Unternehmen mit geringeren Risiken werden geringege Zinsen zahlen.
Doch der Weg über die EZB ist längst nicht alles.
Nationale Regierungen verfolgen Pläne und Gesetzesvorhaben zur Reduzierung der eigenen CO2-Emissionen.
Fossile Energieträger werden verteuert, neue Effizienzstandards vorgeschrieben, sodass manche Geschäftsmodelle nicht mehr tragbar sind. Auch die EU möchte mit ihrem Fit for 55-Paket die Emissionen innerhalb der EU deutlich reduzieren. Wenngleich zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens noch stärkere Eingriffe nötig sein werden. Die Beurteilung eines regulatorischen Klimarisikos könnte die folgenden Faktoren beinhalten:
- Regulatorische Vorgaben (z.B. auf Basis nationaler Ziele zur CO2e-Reduktion)
- Sektor-Vorgaben (z.B. das Aus für den Verbrennungsmotor)
- CO2-Intensität (Landwirtschaft - Tierhaltung)
- Abhängigkeit von fossilen Energien (z.B. industrielle Prozesse mit fossilem Gas)
- Nötige Anpassungen des eigenen Geschäftsmodells (z.B. als Teil der Lieferkette für Verbrennungsmotoren)
Es sind somit nicht nur physische Risiken in der Gestalt von Hitzewellen, Stürmen usw., die im Zusammenhang mit einem physischen Ort stehen. Sondern Recht und Gesetz am vorliegenden Standort werden zu rechtlichen, transitorischen Risiken für Unternehmen. Bereits in der Öffentlichkeit diskutierte regulatorische Maßnahmen, um Klimarisiken zu begegnen, sind beispielsweise:
- Verbot/Verteuerung von Inlandsflügen
- Deutliche Ausweitung des CO2-Marktes und Erhöhung des CO2-Preises
- Verschärfung von Pflichten zur Gebäudesanierug
- neue Vorgaben zur Effizienz von Produkten, Verkehrsmitteln, Produktionsmitteln
Diese regulatorischen Maßnahmen würden viele Unternehmen direkt treffen, bis hin zur Anpassung des eigenen Geschäftsmodells.
Mögliche Vorgaben für spezifische Sektoren und Branchen könnten beispielsweise Offenlegungspflichten betreffen, wie es sich mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) schon andeutet.
Diese könnten sich nicht nur an der Anzahl der Mitarbeiter und der Umsatzhöhe bemessen. Manche Branchen haben höhere Klimarisiken und sind besonders gefährdet. Diese Unternehmen sollten ihre Risiken offenlegen, um diese besser zu managen. Energieunternehmen sind ein Beispiel, da hier die größten Umwälzungen passieren. Aber auch allgemein Rohstoffintensive Betriebe oder Betriebe, die für eine Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung sind. Wie eben das eingangs erwähnte Beispiel der Banken.
Die CO2e-Intensität als Teil eines regulatorischen Klimarisikos meint zum Beispiel den Preis für CO2-Zertifikate. Die Ausweitung des Marktes für CO2-Zertifikate und die zunehmende Verknappung der Zertifikate. CO2e-intensive Unternehmen werden durch dieses Verursacherprinzip in Zukunft höhere Kosten zu tragen haben. Manche Geschäftsmodelle werden sich dadurch nicht mehr gewinnbringend finanzieren können. Das ist ein Risiko.
Aber auch die Preise für CO2e auf dem freiwilligen Kompensierungsmarkt sind zuletzt deutlich gestiegen. Unternehmen, die sich bisher darüber als klimaneutral inszenieren, werden in Zukunft deutlich mehr dafür bezahlen müssen. Günstiger ist es dann, den Weg der Vermeidung und Reduzierung zu beschreiten.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat deutlich gemacht, was die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bedeutet. Für eine Volkswirtschaft aber auch einzelne Branchen.
Abhängigkeit von fossilen Energien ist Abhängigkeit von Autokraten und Diktatoren, von Handelsbeziehungen und politischen Unwägbarkeiten. Nutzung von fossilen Energieträgern ist per se bereits eine Abhängigkeit, weil wir diese in Europa zum großen Teil importieren. Unabhängigkeit ist nur mit dezentralen, erneuerbaren Energien möglich, weil, wie heißt es so schön, die Sonne keine Rechnung schickt. Dies wird berücksichtigt, indem man diese Abhängigkeit in eine Risikoerfassung mit einbezieht. Dies lässt sich mit einem guten CO2-Accounting erfassen.
Darüber hinaus gibt es Geschäftsmodelle, die durch den Übergang in eine klimaneutrale Volkswirtschaft durch regulatorische Vorgaben aus dem Markt gedrängt werden. Dies betrifft beispielsweise Zulieferer des Verbrennungsmotors. Aber auch die Nutztierhaltung im großen Stil, Immobilien mit schlechtem Dämmstandard und fossiler Heizung und deren Verwaltung und Verkauf.
Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, dass der Gesetzgeber erst verspätet auf die Klimakrise reagiert. Während man den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft und Gesellschaft bereits in den 90ern mit dem Kyoto-Protokoll hätte regulieren können, ohne große Zerwürfnisse zu erzeugen, wird es nun zu plötzlichen und drastischen Maßnahmen kommen müssen.
Ein Beispiel hierfür sind die zahlreichen Maßnahmen der US-Regierung seit Übernahme der Demokraten unter Joe Biden. Während Trump und die Republikaner versuchten, die Zeit anzuhalten bzw. über 100 regulatorische Maßnahmen der Demokraten unter Obama zurücknahmen, schlugen die Demokraten unter Biden einen anderen Pfad ein. Mit zahlreichen Executive Orders, die erstmals Flächen für Offshore Wind im Golf von Mexiko ausweisen, oder finanzielle Mittel für den Schutz von Gemeinden vor Extremwetterereignissen bereitstellt, wurden nicht zuletzt auch Offenlegungspflichten für Unternehmen zu ihren Klimarisiken definiert.
In der EU ist dies nicht ganz so offensichtlich, doch auch hier kündigen sich grundlegende Maßnahmen an, u. a. mit der Reform des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS) und der Einführung eines EU-Mechanismus zum CO2-Ausgleich für den Import und Export von Gütern (CBAM) oder dem Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten.
Im Ringen um Zukunftsmärkte deutet sich nun bereits ein Wettlauf zwischen der USA und der EU an. Mit dem Inflation Reduction Act hat die USA das bisher größte Klimagesetz ihrer Geschichte verabschiedet. Bereits zwischen dem zweiten Halbjahr 2020 und dem ersten Halbjahr 2021 wurden 65 % der weltweiten Cleantech-Investitionen in den USA getätigt, gegenüber 21 % in der EU. Die Hunderte von Milliarden an Subventionen für nachhaltige Unternehmen, die jetzt im Rahmen des US Inflation Reduction Act zur Verfügung stehen, könnten Cleantech-Start-ups in der EU weiter benachteiligen. Es deutet sich bereits an, dass die EU das nicht auf sich sitzen lassen wird. Doch um für Startups Märkte zu schaffen, braucht es nicht nur Geld, das mit der Gießkanne verteilt wird, sondern auch präzise Gesetze, die neue Technologien und Anforderungen in den Markt zwingen. Ganz abgesehen von der physikalischen Wirklichkeit der Klimakrise, die schnelles Handeln unabdingbar macht. Und dann ist da ja auch noch China.
Kluge Unternehmer sorgen vor, in dem sie die CO2-Risiken ihres eigenen Unternehmens proaktiv managen.
Warum sind regulatorische Klimarisiken für Unternehmen wichtig?
Regulatorische Klimarisiken sind für Unternehmen wichtig, da sie die Art und Weise beeinflussen, wie Unternehmen produzieren und Dienstleistungen erbringen. Wenn Unternehmen nicht in der Lage sind, die geltenden Klimaschutzvorschriften einzuhalten, können sie Strafen oder andere Sanktionen riskieren. Auch wenn Unternehmen in der Lage sind, die Vorschriften einzuhalten, können sie durch höhere Kosten für die Einhaltung von Vorschriften oder durch den Verlust von Wettbewerbsvorteilen beeinträchtigt werden.
Wie werden regulatorische Klimarisiken gemessen und bewertet?
Regulatorische Klimarisiken werden in der Regel mithilfe von Szenario-Analysen gemessen und bewertet. Dabei werden verschiedene Szenarien für die Entwicklung von Klimaschutzregulierungen und deren Auswirkungen auf das Unternehmen untersucht. Es gibt auch spezielle Finanzinstrumente und -dienstleistungen, die Unternehmen bei der Bewertung von regulatorischen Klimarisiken unterstützen können. Eine grundsätzliche Herausforderung ist für alle dabei die Datenverfügbarkeit im Unternehmen über die gesamte Lieferkette hinweg.
Wie können Unternehmen regulatorische Klimarisiken minimieren oder vermeiden?
Indem sie ihre Treibhausgasemissionen reduzieren, Energieeffizienzmaßnahmen umsetzen und in umweltfreundliche Technologien investieren. Ebenso sollten Unternehmen sich über geplante Klimaschutzregulierungen auf dem Laufenden halten und sich an deren Weiterentwicklung aktiv beteiligen.
Wie werden regulatorische Klimarisiken in der Risikobewertung von Unternehmen berücksichtigt?
Dies geschieht durch Szenario-Analysen, Risikoassessment-Tools und andere Methoden, die alle auf dem Abgleich von Daten basieren. Im Jahr 2022 hat die EU mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) reguliert, in welcher Form Unternehmen Bericht über die Risiken des eigenen Geschäftsmodells und die Auswirkungen auf die Umwelt berichten müssen.
Welche Auswirkungen haben regulatorische Klimarisiken auf die Nachhaltigkeit und den finanziellen Erfolg von Unternehmen?
Wenn Unternehmen in der Lage sind, die geltenden Klimaschutzvorschriften einzuhalten und von finanziellen Anreizen zu profitieren, kann dies ihren finanziellen Erfolg vergrößern. Häufig wird auch von einer "sozialen Lizenz" gesprochen, einem Wohlwollen der Gesellschaft zum Wirken eines Unternehmens. Unternehmen, die Nachhaltigkeit vernachlässigen können diese soziale Lizenz verlieren und geächtet werden. Wenn Unternehmen zusätzlich Schwierigkeiten haben, sich an die Vorschriften zu halten oder von ihnen beeinträchtigt werden, kann dies zu finanziellen Belastungen führen und die Nachhaltigkeit eines Unternehmens gefährden. Bestimmte Branchen wie Ölunternehmen, Autohersteller oder Stromproduzenten mit großem Anteil an Kohleerzeugung und direkten negativen Umweltauswirkungen sind hiervon in besonderem Maße betroffen.
Autor:
Johannes Fiegenbaum