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Die sog. "Scopes" sind eine technische Kategorie, die die Menge an Kohlenstoffdioxid (CO2) messen, das in die Atmosphäre ausgestoßen wird. Scope 1, Scope 2 und Scope 3 Emissionen sind die drei Kategorien von Treibhausgasemissionen, die durch ein Unternehmen oder eine Organisation verursacht werden. Diese Differenzierung wird durch das GHG-Protocol festgelegt. Im Jahr 1997 vereinbarten die Staaten erstmals verbindliche Ziele und Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise im Kyoto-Protokoll. Dieses Abkommen bildete die Grundlage für das "Greenhouse Gas Protocol".
Inhaltsverzeichnis
Wie definiert das GHG-Protokoll Scope-Emissionen?
Vorgelagerte und nachgelagerte Scope 3-Emissionen?
Die Herausforderungen bei der Messung von Emissionsscopes
Das GHG-Protokoll wurde dann 1998 aufgrund einer Initiative des World Resources Institute und des World Business Council for Sustainable Development etabliert, um einen einheitlichen Rahmen für die Berechnung von Treibhausgasen zu schaffen. Es bietet einen globalen Standard für die Erfassung und Bilanzierung von Treibhausgas-Emissionen. Es umfasst zusätzlich Richtlinien und Vorgaben, die es Unternehmen ermöglichen, eine Bilanzierung ihrer Treibhausgas-Emissionen vorzunehmen und den Corporate Carbon Footprint zu berechnen.
Dies alles, um die Emissionen von Kohlenstoffdioxid, aber auch Methan, Lachgas und anderen Treibhausgasen, bis 2050 auf Netto Null zu reduzieren, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dies wurde mit dem Pariser Klimaabkommen 2015 so festgelegt. Insbesondere müssen die Emissionen bereits bis 2030 um mindestens 50% reduziert werden, um eine davon galoppierende Klimakrise abzuwenden.
Die Kategorisierung des GHG Protocols in Scope 1, Scope 2 und Scope 3 hat primär den Zweck, zwischen direkten und indirekten Emissionen zu unterscheiden und zu gewährleisten, dass verschiedene Unternehmen bei der Erfassung von Emissionen die selben Emissionen nicht mehrfach erfassen.
Scope 1 Emissionen sind direkte Emissionen, die direkt aus den Aktivitäten des Unternehmens stammen, wie z.B. Abgase aus dem Betrieb von Fahrzeugen oder Maschinen. Diese Emissionen werden normalerweise durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl oder Gas verursacht. Der Scope 1 bezieht sich auf den eigenen Unternehmensstandort.
Dies sind zum Beispiel:
- Emissionen aus dem Betrieb von Fahrzeugen oder Maschinen
- Emissionen aus dem Betrieb von Kraftwerken
- Emissionen aus dem Betrieb von Industrieanlagen
- Emissionen aus dem Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen
- Emissionen aus dem Betrieb von landwirtschaftlichen Maschinen
- Emissionen aus dem Betrieb von Flugzeugen und Schiffen
- Emissionen aus dem Betrieb von Gebäuden (z.B. Heizung, Klimaanlage, Kühlung)
Scope 2 Emissionen sind indirekte Emissionen, die aus der Nutzung von Energie durch das Unternehmen resultieren, z.B. aus dem Kauf von Strom oder Wärme oder Mobilität. Diese Emissionen werden zumeist durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen in Kraftwerken verursacht, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen. Auch der Scope 2 bezieht sich damit auf den eigenen Unternehmensstandort.
Weitere Beispiele sind:
- Emissionen aus dem Betrieb von Kraftwerken, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen
- Emissionen aus dem Betrieb von Industrieanlagen, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen
- Emissionen aus dem Betrieb von Heizungen und Klimaanlagen, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen
- Emissionen aus dem Betrieb von Kühlsystemen, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen
- Emissionen aus dem Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen
- Emissionen aus dem Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen, die Strom oder Wärme für das Unternehmen erzeugen
Scope 3 Emissionen sind indirekte Emissionen, die aufgrund von Aktivitäten des Unternehmens verursacht werden, aber nicht direkt aus dem Unternehmen stammen, wie z.B. Emissionen, die durch die Produktion und Herstellung von Produkten oder den Transport verursacht werden. Der Scope 3 bezieht sich damit auf die erweiterte Lieferkette und wird oft in vorgelagerte und nachgelagerte Emissionen unterteilt.
Dies sind zum Beispiel:
- Emissionen aus dem Betrieb von Fahrzeugen, die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens transportieren
- Emissionen aus dem Betrieb von Maschinen, die Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens produzieren
- Emissionen aus dem Betrieb von Flugzeugen und Schiffen, die Produkte des Unternehmens transportieren
- Emissionen aus dem Betrieb von Gebäuden, in denen Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens produziert oder angeboten werden
- Emissionen aus dem Betrieb von landwirtschaftlichen Maschinen, die Produkte des Unternehmens produzieren
- Emissionen aus dem Betrieb von Kraftwerken, die für die Herstellung der Produkte des Unternehmens genutzt werden
- Emissionen aus dem Betrieb von Kühlsystemen, die beim Transport von Produkten anfallen
- Emissionen aus dem Mobilitätsverhalten der Mitarbeiter auf dem Weg ins Büro, sowie Geschäftsreisen
- Emissionen aus dem Mobilitätsverhalten von Veranstalltungsgästen
- Emissionen aus dem Betrieb von gemieteten Räumen
- Emissionen aus Abfall und Entsorgung
Die Scope 3-Emissionen lassen sich weiter in Upstream und Downstream oder besser "vorgelagert" und "nachgelagert" unterteilen.
Vorgelagerte Emissionen fallen auf der Ebene der eigenen Lieferanten an. Dies betrifft eingekaufte Waren und Materialien, aber auch in Anspruch genommene Produkte und Dienstleistungen. Das entspricht dem intuitiven Verständnis des Scope 3. Das GHG-Protokoll nennt die folgenden Kategorien:
- Eingekaufte Waren und Dienstleistungen: Dies sind Emissionen aus der Produktion aller gekauften oder erworbenen Produkte und Dienstleistungen.
- Investitionen: Dies sind alle Emissionen, die bei der Produktion von gekauften oder erworbenen Investitionsgütern wie zum Beispiel Maschinen, Gebäuden oder Fahrzeugen entstehen.
- Brennstoff- und Energie: Dies sind alle Emissionen aus Brennstoffen oder Energie im Allgemeinen für gekaufte oder verbrauchte Produkte oder Dienstleistungen, die nicht bereits Teil von Scope 1 oder 2 sind.
- Vorgelagerter Transport und Vertrieb: In diese Kategorie fallen alle Emissionen, die durch Transport- und Distribution durch Dritte entstehen und ebenso die Emissionen, die für den Transport und die Distribution von gekauften Produkten entstehen.
- Im Betrieb anfallender Abfall: Dies umfasst die Behandlung und Entsorgung von Abfällen, die im eigenen Unternehmen anfallen.
- Geschäftsreisen: Die Mobilität von Mitarbeitern für geschäftliche Aktivitäten durch Dritte wie zum Beispiel die Deutsche Bahn oder die Lufthansa.
- Pendeln der Mitarbeiter: Fahrten der Mitarbeiter zwischen ihrem Arbeitsplatz und Wohnort.
- Vorgelagerte geleaste Anlagen: Emissionen aus dem Betrieb von geleasten Anlagen, im Gegensatz zu Investitionsgütern und damit fest erworbenen Maschinen, Fahrzeuge oder Gebäude. Dies kann also auch ein geleastes Auto sein, das für Geschäftsreisen genutzt wird, oder geleaste schwere Maschinen, die für ein Bauprojekt verwendet werden.
Nachgelagerte Emissionen fangen beim Kunden an und beziehen sich auf die Nutzung der eigenen Produkte und Dienstleistungen. Auch dies kann man entsprechend des GHG-Protokolls noch feiner kategorisieren:
- Nachgelagerter Transport und Vertrieb: Diese Kategorie umfasst Emissionen, die durch den Transport und die Distribution eigener, verkaufter Produkte entstehen. Durch Fahrzeuge, die sich nicht im eigenen Besitz oder unter der eigenen Kontrolle befinden. Ein Beispiel sind hier Logistikdienstleister wie Hermes oder DHL.
- Weiterverarbeitung der eigenen Produkte: Dies sind Emissionen, die dabei entstehen, wenn Dritte die eigenen Zwischenprodukte nach dem Verkauf weiterverarbeiten.
- Verwendung der verkauften Produkte: Dies umfasst Emissionen, die durch die Nutzung der verkauften Dienstleistungen und Waren entstehen. Dies entspricht Scope 1 und Scope 2 des Endverbrauchers.
- End-of-Life von verkauften Produkten: Emissionen aus der Abfallbehandlung und der Entsorgung der verkauften Produkte am Ende ihres Lebenszyklus.
- Nachgelagerte geleaste Anlagen: Dies umfasst Emissionen aus dem Betrieb von eigenen Anlagen, die an andere Unternehmen vermietet werden und nicht unter Scope 1 oder 2 fallen.
- Konzessionen/Franchise: Emissionen aus dem Franchisebetrieb. Dies gilt für Franchisegeber und bezieht sich Scope 1- und 2-Emissionen auf Seiten der Franchisenehmer.
- Investitionen: Diese Kategorie umfasst Emissionen aus Investitionen, auch bekannt als "finanzierte Emissionen". Dies betrifft vor allem Finanzinstitute, ist aber auch für alle anderen Organisationen relevant, die Finanzdienstleistungen anbieten.
Diese Differenzierung ist sehr theoretisch und im Detail nicht immer einfach nachzuvollziehen. Insbesondere Emissionen aus Transport und Distribution fallen vorgelagert und nachgelagert an. Doch wenn man sich unterschiedliche Branchen anschaut und nachgelagerte und vorgelagerte Emissionen für diese vergleicht, dann fällt zum Beispiel auf, dass Finanzdienstleister ihre Hotspots in den nachgelagerten, finanzierten Emissionen haben, während ein Einzelhandelsunternehmen vor allem vorgelagerte Scope 3-Emissionen hat. Insofern leistet das Konstrukt aus vorgelagerten und nachgelagerten Emissionen durchaus eine wertvolle Differenzierung.
Obwohl die Scope-Kategorien für die CO2-Blanzierung bereits im Jahr 2001 mit der ersten Kodifizierung des Greenhouse Gas (GHG) Protocol für die Unternehmensbilanzierung eingeführt wurden, ist das Scope 4-Konzept erst kürzlich bekannter geworden. Vor allem ist Scope 4 ein Ergebnis der zunehmenden Digitalisierung.
Scope 4-Emissionen sind vermiedene Emissionen. Es sind Emissionen, die außerhalb des Lebenszyklus oder der Wertschöpfungskette eines Produkts, aber als Ergebnis der Nutzung dieses Produkts entstehen. Ein typisches Beispiel sind Videokonferenzen, die Flüge vermeiden. Oder die Arbeit von zu Hause aus, statt im Büro, die so das Pendeln mit Verbrenner-basierten Autos vermeidet.
Es gibt zwei methodische Ansätze zur Berechnung der vermiedenen Emissionen - den Attributions- und den Folgeansatz:
Attributionsansatz: Betrachtet die absoluten Emissionen und den Reduzierungseffekt eines Produkts im Vergleich zu einem Referenzprodukt.
Folgeansatz: Bewertet die systemweite Veränderung der Emissionen durch eine bestimmte Entscheidung.
Viele Reporting-Initiativen wie die Science-based Targets Initiative oder CDP (ehemals "Carbon Discloure Project") verlangen kein Reporting über vermiedene Emissionen. Es ist jedoch ein relevantes Parameter und könnte in Zukunft offiziell anerkannt werden, um die Klimaschutzmaßnahmen der Unternehmen und deren Transparenz weiter voran zu bringen.
Die Messung von Emissionsscopes ist eine komplexe Aufgabe, die viele Herausforderungen mit sich bringt. Es ist wichtig, dass Unternehmen die richtigen Methoden anwenden, um die Emissionen ihrer Produkte und Dienstleistungen zu messen und zu verstehen. Wir werden uns nun die verschiedenen Herausforderungen ansehen, die bei der Messung von Emissionsscopes auftreten können.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Unternehmen ihre CO2-Emissionen erfassen können. Zunächst müssen Unternehmen die verschiedenen Quellen ihrer CO2-Emissionen identifizieren. Dazu gehören die Verwendung von fossilen Brennstoffen, die Produktion von Produkten und Dienstleistungen, die Verwendung von Transportmitteln und die Abfallentsorgung.
Nachdem die Quellen identifiziert wurden, müssen Unternehmen die Menge an CO2-Emissionen pro Quelle ermitteln. Dies kann durch die Verwendung von Messgeräten oder durch die Erstellung von Inventaren erfolgen. Auch möglich ist der Einsatz von Datenbanken, um schnell brauchbare Ergebnisse zu erzielen. Dieser Schritt lässt sich auch schon mit Hilfe von Software durchführen, um Daten zu sammeln und zu analysieren und vor allem auch den eigenen Fortschritt in der Reduktion der eigenen Emissionen zu dokumentieren. Doch dabei gibt es einige Herausforderungen, die zu beachten sind.
Eine der größten Herausforderungen bei der Messung von Emissionsscopes ist die Tatsache, dass die Emissionen zumeist aus verschiedenen Quellen stammen. Dies bedeutet, dass Unternehmen die verschiedenen Quellen identifizieren und messen müssen, um ein vollständiges Bild der Emissionen zu erhalten. Die Quellen können mit Scope 3 auch außerhalb der eigenen Organisationsstruktur liegen - was die Komplexität zusätzlich erhöht.
Eine weitere Herausforderung bei der Messung von Emissionsscopes ist die Tatsache, dass verschiedene Methoden zur Messung der Emissionen verwendet werden (müssen). Dies bedeutet, dass Unternehmen die verschiedenen Methoden verstehen und anwenden müssen, um ein vollständiges Bild der Emissionen zu erhalten.
Eine weitere Herausforderung bei der Messung von Emissionsscopes ist die Qualität der Daten, die zur Messung verwendet werden. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Daten, die sie verwenden, aktuell, genau und zuverlässig sind, um ein vollständiges Bild der Emissionen zu erhalten.
Das GHG Protokoll verlangt, dass sämtliche Scope 1- und Scope 2-Emissionen erfasst werden. Und obwohl die Bilanzierung von Scope 3-Emissionen optional ist, sind diese für eine umfassende Bilanz unerlässlich. Denn oft verbergen sich in Scope 3 die größten Emissionsquellen, die gleichzeitig außerhalb des eigenen Unternehmes liegen und damit sehr schwer nur zu erfassen sind. Für ein gutes Netto-null-ziel gibt es weitere Punkte zu beachten: Wie definiert ein Unternehmen ein netto-null Emissionensziel?
Studien des Carbon Trust haben ergeben, dass die Scope-3-Emissionen bei den meisten Unternehmen zwischen 65 % und 95 % der gesamten Treibhausgasemissionen eines Unternehmens ausmachen. So machen die Scope 3-Emissionen bei VAUDE, einem Outdoor-Ausrüster, weit über 90% aus.
Da Scope 3 die größte Emissionsquelle ist, bietet dies gleichzeitig die größte Chance zur CO2-Reduzierung. Und es bedeutet, dass immer mehr Unternehmen sich ehrgeizige Ziele für die Kohlenstoffreduzierung und die "Netto-Null"-Ziele in den kommenden Jahrzehnten setzen. Doch es wird keine Möglichkeit geben, sie zur Rechenschaft zu ziehen, wenn die Bilanzierung und Offenlegung von Scope 3 nicht strukturell verbessert und damit vereinfacht wird.
"Wir bekommen ehrgeizige Zusagen, aber die Realität ist, dass Scope 3 ein schwierig zu messender Bereich ist, und das schreckt die Unternehmen ab", sagte Tom Cumberlege, der die Arbeit von Carbon Trust zu Lieferketten leitet. "Was Scope 3 in Bezug auf die Hauptanstrengungen wirklich bedeutet, ist die Lücke zwischen den Ambitionen und der Berechnung. Sobald es gemessen ist, stehen wir erst am Anfang der Maßnahmen."
Die Welt befindet sich in einem dynamischen Wandel hin zu Net Zero, und die Bedeutung von Scope 1, Scope 2 und Scope 3 nach dem GHG-Protokoll wird in den kommenden Jahren eine immer größere Rolle spielen. Dabei ist die Erfassung alles andere als trivial.
Mit Multiplye kannst du in das "Race to Net Zero" einsteigen und einen ersten Überblick über deinen Corporate Carbon Footprint erhalten. Du siehst direkt, wo deine größten Emissionen liegen und kannst damit anfangen, diese systematisch zu reduzieren.
Autor:
Johannes Fiegenbaum