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Wie definiert ein Unternehmen ein netto-null Emissionensziel?

Eine Strategie für Netto-Null-Treibhausgasemissionen verdient ihre Großbuchstaben, wenn sie: Vollständig erfasst, wissenschaftlich fundiert, mit dem Pariser Abkommen vereinbar und kumulativ ist. Was bedeutet das genau?

Inhaltsverzeichnis

Netto-null unterhalb der globalen Ebene

Vollständig erfasste Emissionen

Science-based Targets

Paris-kompatible Reduktionsziele

Kumulative Reduktionsziele

Vorweg: Was bedeutet Netto-Null?

Netto-Null bedeutet, dass die Treibhausgasemissionen so weit wie möglich reduziert werden, sodass die wenigen verbleibenden Emissionen wieder aus der Atmosphäre absorbiert werden, zum Beispiel durch die Ozeane und Wälder. Dies heißt, dass unterm Strich nicht mehr Klimagase in die Atmosphäre gelangen, die nicht absorbiert werden können - wie es aktuell noch der Fall ist.

Es gibt unterschiedliche Ansätze und Methoden für Unternehmen, CO2-Reduktionsziele für sich und die gesamte Wertschöpfungskette festzulegen. Alle eint das Ziel, bis 2050 ein Netto-Null an Emmisionen zu erreichen. Darauf haben sich die Staaten der Welt 2015 in Paris verpflichtet. Dieses Ziel lautet:

Den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und die Anstrengungen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad fortzusetzen...

indem

...ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen und dem Ausgleich von Treibhausgasen durch Senken in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf der Grundlage der Gerechtigkeit und im Kontext der nachhaltigen Entwicklung und der Bemühungen zur Beseitigung der Armut hergestellt wird.

Während der erste Satz von Artikel 2 das Temperaturziel umreißt, definiert Artikel 4 die Netto-Treibhausgasemissionen als Reduzierung der vom Menschen verursachten Emissionen auf das Niveau, das durch natürliche CO2-Senken und andere Methoden der CO2-Speicherung und -Entfernung wirksam erreicht werden kann.

Der Satz beschreibt den globalen Zustand des ökologischen Gleichgewichts, selbst wenn frühere Emissionen noch nicht vollständig absorbiert wurden. Wenn dieser Zustand bis Mitte des Jahrhunderts erreicht wird und die Emissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weiter auf ein Netto-Negativum zurückgehen, wird die Beibehaltung einer globalen Durchschnittstemperatur von 1,5 °C über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit von 1850-1900 wahrscheinlich. Dabei sind die 1,5 Grad keine beliebige Zahl. Dieses Szenario basiert auf der damals jüngsten Bewertung des IPCC, des Intergovernmental Panel on Climate Change bzw. des Weltklimarates. Die Berichte des IPCC sind so dringlich wie erschreckend. Wenn wir die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise vermeiden wollen, müssen wir unsere Emissionen sofort drastisch reduzieren. Auf eben 1,5 Grad Erderwärmung im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung.

wir alle für 1,5 Grad
Fridays for Future/Jonathan Knodel

Netto-null unterhalb der globalen Ebene

Unterhalb der globalen politischen Ebene haben die Länder "national festgelegte Beiträge", abgekürzt NDCs, festgelegt. 

NDCs verkörpern die Bemühungen eines jeden Landes, die nationalen Emissionen zu reduzieren. Das Pariser Abkommen verpflichtet jede Vertragspartei, aufeinanderfolgende NDCs auszuarbeiten, zu kommunizieren und umzusetzen. Die Staaten müssen innerstaatliche Minderungsmaßnahmen vornehmen, um die Ziele dieser Beiträge zu erreichen. Dies geschieht in der Regel über regulatorische Maßnahmen. Dies kann man als Unternehmen auch als Risiko begreifen, da bisherige Maßnahmen nicht ausreichen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erfüllen und es sehr wahrscheinlich zu kurzfristigen, drastischen Maßnahmen kommen wird. Mehr dazu in diesem Artikel über regulatorische Klimarisiken. Die Bundesrepublik hat bisher nur mangelhafte Ziele vorgelegt:

Deutschlands NDC

Es liegt auch deshalb im ureigenen Interesse eines jeden Unternehmens, selbst aktiv zu werden und drastischer Regulierung, als auch den Auswirkungen der Klimakrise, zuvorzukommen. Der We Mean Business-Coalition zufolge haben sich bereits über 10.000 Unternehmen öffentlich zur GHG-Reduktion verpflichtet. Ebenso haben Bürgermeister größerer Städte in Foren wie dem Global Covenant of Mayors for Climate & Energy und der C40 gleiches getan. In Deutschland ist hier auch noch LocalZero zu nennen, die dies auf lokaler Ebene vorantreiben.

Doch was bedeutet "Netto-Null" in diesen Verpflichtungen? Einige dieser Verpflichtungen formulieren klare Ziele, Methoden und Zeitpläne. Viele tun dies nicht. Einige der Verpflichtungen bieten Raum für Flexibilität, oft um ein weites Netz zu werfen und zusätzliche Unterzeichner zu gewinnen. Die Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) hat deshalb bereits die ersten Austritte zu vermelden, weil manchen Mitgliedern die Ambitionen zu gering ausfielen. Schauen wir uns die einzelnen Netto-Null-Herangehensweisen genauer an.

 

Vollständig erfasste Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette

Dies betrifft die Festlegung des Verantwortungsbereichs eines Unternehmens. Dieser sollte alle Treibhausgasemissionen aus Scope 1 (eigene und kontrollierte Quellen), Scope 2 (indirekte und eingekauften Quellen) und Scope 3 (Wertschöpfungskette, sowohl vor- als auch nachgelagert) enthalten (Was sind Scope 1, Scope 2 und Scope 3 Emissionen?). Insbesondere im Scope 3 verbirgt sich der Großteil der Emissionen. So sind es bei Volkwagen 80% der gesamten Emissionen, die nur in der Nutzungsphase der Kraftfahrzeuge , durch Emissionen und Benzin/Diesel als Energiequelle entstehen. Die Produktion hingegen trägt nur 14% zu VWs Corporate Carbon Footprint bei.

Ein weiteres Beispiel sind Waschmittel. Im Verhältnis zur Produktion fallen auch hier die meisten Emissionen in der Nutzungsphase, Scope 3, an. Unilever als auch Proctor & Gamble versuchen deshalb mit Aufklärungskampagnen dafür zu sorgen, dass Kunden ihre Kleidung bei 30 Grad Celsius statt mit 50 oder 60 Grad waschen, um so den Energieverbrauch in der Nutzungsphase zu reduzieren. Doch das ist schwierig zu messen und deshalb noch schwieriger zu steuern. So hat z.B. Levis Strauss & Co. einen ähnlichen Ansatz mit einem großen Fokus auf dem Jeans-Waschverhalten der Kunden, adressiert jedoch nicht die Produktion der Jeans und die Verwendung von Neumaterialien dabei. Dabei macht diese einen ebenso großen Anteil der Levis Strauss-Emissionen aus. Weitere Informationen zur Emissions-Reduktion über die Scopes hinweg findet sich in diesem Artikel.

Vollständig erfaste Emissionen beinhalten also unbedingt auch Scope 3 mitsamt allen Kategorien und ebenso allen klimawirksamen Gase, nicht nur Kohlendioxid. Für Unternehmen liegt die Herausforderung in der Datenerfassung und Auswertung. Doch genau darum geht es. Verantwortung für das eigene Wirken zu übernehmen. Die EU hat dazu mit CSRD die passende Regulierung entwickelt, die festlegt, dass Unternehmen nicht nur über ihre wirtschaftliche Entwicklung berichten müssen, sondern ebenso über ihre Umweltauswirkungen. Dieses Konzept ist auch als "doppelte Materialität" bekannt.

Science-based Targets

Eigentlich "wissenschaftsbasierte Zielvorgaben" in der deutschen Übersetzung, ist die "Science based Targets-Initiative" der tatsächliche Namensgeber. Deshalb wird oft von Science-based Targets gesprochen. Die SBTi ist eine Partnerschaft zwischen dem CDP, dem United Nations Global Compact, dem World Resources Institute (WRI) und dem World Wide Fund for Nature (WWF). Finanziert wird sie über ein sogenanntes Core-Funding, Projekt-basiert und über Gebühren. Im Core-Funding sind der Bezos Earth Fund und die IKEA Foundation beteiligt. Die Initiative schreibt zu wissenschaftsbasierten Zielen:

Ziele gelten als "wissenschaftsbasiert", wenn sie mit dem übereinstimmen, was nach dem neuesten Stand der Klimawissenschaft notwendig ist, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen - die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau und die Fortsetzung der Bemühungen zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5°C.

Die Methodik gibt unterschiedliche Reduktionspfade je nach Sektor vor. Dabei geht es auch um die Fähigkeit zur Reduzierung der einzelnen Unternehmen. Die Science-based Targets Initiative bietet drei Ansätze an:

  • eine sektorbezogene Aufteilung des globalen Kohlenstoffbudgets
  • ein absoluter Ansatz, der auf den erforderlichen Emissionsreduktionen basiert
  • ein Ansatz, der den relativen wirtschaftlichen Beitrag einer Organisation zur Bestimmung ihres Emissionsreduktionsziels verwendet

Weiterhin müssen die folgenden vier Punkte erfüllt werden:

  • Kurzfristiges Reduktionsziel (5-10 Jahre): Auf Basis des 1,5-Grad-Szenarios
  • Langfristiges Reduktionsziel (bis 2050): Ebenso auf Basis des 1,5-Grad-Szenarios, aber mindestens 90% absolute Reduktion.
  • Emissionen außerhalb der Lieferkette reduzieren: SBTi empfiehlt Emissionen auch außerhalb der Lieferkette zu adressieren, also insbesondere auch in der Nutzungsphase der Produkte.
  • Übrige Emissionen neutralisieren: CO2-Sequestrierung oder permanente Entfernung.
Science-based Targets Zielsetzung

Die Science-based Targets Initiative ist noch keiner unabhängigen Überprüfung unterworfen worfen - etwas, das in Zukunft korrigiert werden sollte, um eine engere Angleichung an das Pariser Abkommen zu erreichen.

Paris-kompatible Reduktionsziele

In vielen Branchen kaufen Unternehmen CO2-Zertifikate oder investieren in CO2-Entfernungs-Technologien, um die Emissionen auszugleichen, die sie aus eigener Kraft nicht reduzieren können. Diese Investitionen können den Weg zur globalen Netto-Null bereiten, wenn sie mit dem globalen CO2-Budget verknüpft werden. Um dies zu erreichen, müssen die Gutschriften in das einheitliche GHG-Inventar der jeweiligen Nation aufgenommen werden. Nur dann wird die Gutschrift mit den übrigen CO2-Quellen und Senken eines Landes verrechnet.

Die meisten Unternehmen finanzieren diese Senken jedoch durch den Kauf von Emissionsgutschriften auf einem fehlerhaften Markt. Die Probleme des offenen Zertifikatehandels sind hinreichend belegt. Ein Beispiel ist die Doppelzählung. Wenn ein Land eine Emissionsgutschrift ausstellt, sollte klar sein, welches Land von der verbuchten Reduktion profitiert. Die Reduktion sollte also entweder in den Büchern des Zertifikate-Käufers oder des Zertifikate-Verkäufers erscheinen, aber nicht als Gutschrift für beide Länder.

Um eine einheitliche Messung im Hinblick auf das globale Ziel zu unterstützen, verlangt die vollständige Definition von "Netto-Null", dass ein Unternehmen ausdrücklich angibt, in welchem Umfang sie sich auf CO2-Zertifikate und externe Investitionen stützt, und nach welchen Standards diese Gutschriften überprüft werden und auf welche national festgelegten Beiträge sie sich beziehen. Dann werden sie in das globale CO2-Budget einfließen, das wiederum mit dem Pariser Abkommen verknüpft ist.

Kumulative Reduktionsziele

Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zu der Temperatur vor der Industrialisierung machen deutlich, dass es so etwas wie historische Emissionen gibt. Es gibt also nicht bloß das Ziel, zukünftige Emissionen zu verhindern, sondern auch die Verantwortung, sich den historischen Emissionen seit 1900 anzunehmen. Jahrzehntelang haben die Industrieländer und ältere Unternehmen und Institutionen Treibhausgase emittiert. Selbst eine umfassende, wissenschaftlich fundierte und mit dem Pariser Abkommen konforme Emissionsreduzierung, die heute beginnt, würde diese historische Schuld nicht beseitigen. Dies betrifft vor allem die fossile Industrie:

Historische CO2-Emissionen

Ein Netto-Null-Ziel, das Emissionen kumuliert, könnte Industrienationen und Unternehmen dazu bringen, einen fairen Übergang zu einer nachhaltigen Zukunft zu finanzieren. Nicht mit unbeschränkter Haftung, sondern innerhalb rationaler Grenzen. Unternehmen könnten ihre historische Emissionsschuld berechnen und CO2-Reduktionsprojekte in erheblichem Umfang finanzieren, um den weniger Wohlhabenden zu helfen, die natürlichen Ressourcen zu erhalten, von denen wir alle abhängen. Da es sich bei den historischen Emissionen um Emissionen außerhalb des aktuellen Tagesgeschäftes handelt, wären dies zusätzliche, inkrementelle Anstrengungen. Der entscheidende Punkt besteht darin, zu berechnen, wie viele Tonnen an Emissionen in der Vergangenheit produziert wurden, um dann CO2-Senken zu finanzieren, um die gesamte CO2-Rechnung eines Unternehmens bis zu diesem Zeitpunkt zu begleichen.

Das Problem ist nicht theoretisch. CO2 und einige andere Treibhausgase verbleiben nach ihrer Emission über 100 Jahre in der Atmosphäre. Der überwiegende Teil der weltweiten Treibhausgasemissionen wurde in den letzten 80 Jahren produziert. Bei Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Distickstoffoxid (N2O), Fluoroform (CHF3) und Schwefelhexafluorid (SF6) sind die meisten der Moleküle, die jemals durch menschliche Aktivitäten freigesetzt wurden, immer noch da oben, reflektieren Infrarotstrahlen und erwärmen die Erde. Methan (CH4) wiederum verbleibt nur 20 Jahre in der Athmospähre und ist deshalb für schnelle Reduktionen interessant. Mehr zum Global Warming Potential findest du in diesem Artikel: CO2-Äquivalente und ihr Global Warming Potential.

Microsoft ist für das Kriterium kumulativen Ausgleichs, (aber auch Science-based, fully-scoped und Paris-basiert) ein Musterbeispiel. Denn Microsoft strebt einen kumulativen Ausgleich bis 2030 für alle drei Scopes an und nennt dies "Carbon negative":

Microsofts Ziel bis 2030

Der Unterschied zum Vorgehen von Levi Strauss ist zum einen, dass Microsoft Verantwortung für alle Scope 3-Kategorien übernimmt und zum anderen, dass Microsoft 1 Milliarde US Dollar über einen Climate Innovation Fund bereitstellt, um bestehende CO2-Reduktionslösungen zu skalieren und neue Lösungen zur CO2-Entfernung zu entwickeln. Der Fairness halber muss man jedoch auch sagen, dass Microsoft als IT-Unternehmen anders als Levi Strauss keine nennenswerten Rohstoff-Verbräuche hat und die damit verbundenen Herausforderungen gänzlich wegfallen.

Ebenso kritisch zu bemerken ist der Fokus auf technischen Lösungen, die bisher in der globalen Betrachtung schlicht keine Rolle spielen, weil sie im Volumen zu klein sind. Die CO2-Senke mit dem größten Effekt wäre die Verhinderung von Entwaldung. Weitere Empfehlungen zur Kompensation finden sich in idesem Artikel: Wie Dein Unternehmen CO2 kompensieren kann. Nichtsdestrotrotz sucht der Ansatz von Microsoft insgesamt seinesgleichen. Über alle 3 Scopes, science-based und kumulativ.

Unternehmen, die eine Netto-Null anstreben, sollten diese Methoden kennen und adressieren. Der Anfang besteht darin, sich einen Überblick über die eigenen Emissionen zu verschaffen. Dies zu ermöglichen. daran arbeiten wir mit MULTIPLYE.

Autor:

Johannes Fiegenbaum

#racetozero

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